Ich verlasse das Haus und sage „Mucki, baba bis später.“
Ich stehe vor dem Futterregal und packe Knuspertaschen in den Einkaufswagen.
Ich sehe den leeren Wassernapf auf der Kellerstiege und fülle ihn nach.
Ich vermute du kennst das auch, dass dich Gewohnheiten noch eine Weile nach dem Tod deines Seelentiers begleiten. Vielleicht fragst du dich manchmal, ob du noch ganz richtig tickst oder schön langsam verrückt wirst.
Ich kann dich beruhigen: an alten Gewohnheiten festzuhalten, ist in der ersten Zeit der Trauer völlig normal. Wenn ein geliebtes Tier stirbt, kann der Verlust nicht nur emotional belastend sein, sondern auch körperliche und neurologische Auswirkungen haben.
Gewohnheiten fahren auf der Autobahn
Eine Erklärung für das Verhalten liegt in den sogenannten „neuronalen Bahnungen“. Das Gehirn ist in der Lage, neuronale Netzwerke aufzubauen und zu verstärken, die durch wiederholte Erfahrungen gebildet werden. Wenn wir uns also über einen langen Zeitraum an ein Tier gewöhnt und regelmäßig Zeit mit ihm verbracht haben, können sich starke neuronale Bahnungen zwischen unseren Nervenzellen bilden. Je öfter wir bestimmte Handlungen ausgeführt habe, desto stärker werden diese Bahnungen, denn unser Hirn nimmt gerne den einfachen, bekannten Weg.
Wir schaffen mit unseren Gewohnheiten Autobahnen in unserem Gehirn. Nach dem Verlust unseres geliebten Freundes brauchen wir also etwas Zeit, diese Bahnungen abzuschalten und neue zu schaffen.
Endstation Schmerz
Du fragst dich jetzt vielleicht, warum es wichtig ist, neue Bahnungen zu bilden.
Wenn wir uns nur auf alte Bahnungen konzentrieren und damit in der Vergangenheit leben, kann das zu starken emotionalen und psychischen Belastungen führen und die Fähigkeit einschränken, uns an die neuen Umstände anzupassen. Das schmerzt und wir fügen uns jeden Tag selbst unzählige kleine und größere emotionale Verletzungen zu.
Nehmen wir mein Beispiel von oben: wenn ich früher nach Hause gekommen bin und „Hallo Mucki!“ gerufen habe, kam er um die Ecke geschossen, miaute mir zu und umschmeichelte meine Beine. Gut, es war nicht immer nur Liebe, sondern sicher auch das katzentypische „ich verhungere gleich“ – aber ich bekam eine Antwort. Nach seinem Tod war da einfach nichts und die ersten Wochen brach ich ob der Stille, die mir entgegenschlug, oft in Tränen aus.
Neue Bahnungen im Gehirn zu bilden, kann helfen, Erfahrungen zu verarbeiten und neue Wege zu finden, um mit Verlust und Trauer umzugehen. Das Gehirn lernt, neue Verbindungen zwischen Erfahrungen und Emotionen zu schaffen und diese neuen Verbindungen zu verstärken. Das fördert positive Anpassung sowie Bewältigung und macht Platz für neue Wege der Liebe.
Das heißt übrigens nicht, dass du nicht mehr mit deinem Liebling sprechen sollst. Auch ich rede immer noch mit ihm, doch habe ich mir neue Rituale geschaffen und meine Verbindung mit Mucki gewandelt – von einer interaktiven zu einer erzählenden. Mucki ist so mein stiller Zuhörer geworden.
„Wohin du auch gehst, geh mit deinem ganzen Herzen.“
Konfuzius
In Liebe neue Wege finden
Es gibt viele Möglichkeiten, neue Bahnungen im Gehirn zu bilden. Ich habe hier ein paar Anregungen für dich, doch vorab das Wichtigste: Sei geduldig mit dir! Alles braucht seine Zeit und jeder Mensch unterschiedlich lange und alles ist richtig, das sich für dich richtig anfühlt!
Verändere deine Umgebung
Es kann hilfreich sein, deine Umgebung zu verändern. Ändere die Platzierung von Möbeln oder dekoriere deine Zuhause auf eine neue Weise. Du kannst, aber musst dafür nicht alles wegräumen, was dich an deinen Liebling erinnert. Was dir helfen kann, den richtigen Zeitpunkt für das Wegräumen von Napf & Co zu finden, habe ich hier für dich aufgeschrieben.
Entwickle neue Aktivitäten
Suche nach neuen Aktivitäten, die dir Freude bereiten und die nicht mit deinem verstorbenen Freund verbunden sind. Das Erlernen neuer Fähigkeiten oder Hobbys kann dazu beitragen, neue neuronale Bahnungen im Gehirn zu schaffen und dabei helfen, sich an die neue Realität anzupassen.
Finde eine neue Verbindung zu deinem Seelentier
Wenn alte Verbindungen ins Leere laufen und schmerzen, kann es helfen, neue Rituale mit deinem Freund im Himmel zu entwickeln. Es ist wichtig, dass diese nicht auf eine reale Antwort angewiesen sind. Ich habe zum Beispiel begonnen, meinen Online-Kurs „Pfotentrauerreise“ zu entwickeln und fühle mich Mucki dabei ständig verbunden. Du kannst dich aber auch jeden Morgen fragen, was sich dein Liebling für dich und deinen Tag wünschen würde. Manche Menschen ziehen jeden Tag eine Tarot-Karte und sehen sie als Botschaft ihres Tieres. Fühl dich völlig frei in der Gestaltung deines neuen Rituals.
Bewege dich regelmäßig
Bewegung und körperliche Aktivität können dazu beitragen, neue neuronale Verbindungen im Gehirn zu schaffen und dabei helfen, deine Stimmung zu verbessern und Stress abzubauen.
Tanzen möchte ich dir an dieser Stelle besonders ans Herz legen!
Sei kreativ
Nutze kreative Ausdrucksformen wie Malen, Zeichnen oder Gestalten, um deine Emotionen und Gedanken auszudrücken. Diese Aktivitäten können dazu beitragen, neue neuronale Verbindungen im Gehirn zu schaffen und dabei helfen, deinen Verlust zu verarbeiten.
Schreib deine Gedanke auf
Das Niederschreiben deiner Gedanken und Gefühle kann dabei helfen, deine Emotionen besser zu verstehen und zu verarbeiten und eröffnet dir neue Sichtweisen und eine wunderbare, tief gehende Verbindung zu deinem Seelentier, die nicht auf körperliche Anwesenheit angewiesen ist. In meiner Facebook-Gruppe „Pfotentrauer“ gebe ich dir immer wieder kostenlose Impulse, die dir in deiner Trauer helfen können. Dort hast du auch die Möglichkeit, dich mit anderen Menschen in der gleichen Situation zu verbinden.
Übrigens: auch der Austausch mit anderen schafft neue neuronale Bahnungen.
All diese Aktivitäten können dazu beitragen, neue neuronale Netzwerke im Gehirn zu schaffen und positive Veränderungen im Denken und Verhalten zu fördern. Das kann dir helfen, deinen schmerzlichen Verlust zu bewältigen, eine neue Verbindung zu deinem Liebling aufzubauen und ein erfülltes Leben weiterzuführen.
0 Kommentare