Leben mit dem Schatten der Trauer wenn dein Haustier stirbt

Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Trauer uns eines Tages einfach so verlässt. Wie sollte sie auch? Die Pfoten unseres Lieblings haben für immer diese Erde verlassen. Mit seinem Tod ist stattdessen die Trauer in unser Leben gezogen. Doch wir können ganz viel dafür tun, um mit ihr in Frieden zu leben und wieder glücklich zu sein …
Auf dem Bild sieht man den Schatten eines Hundes vor einer leicht sonnigen Wand.

„Kennst du diese Comic-Szene, wo überall die Sonne scheint und nur über einer Figur hängt eine schwarze Wolke, die sie überall hin begleitet?“ Das fragte mich kürzlich eine trauernde Freundin. Ich nickte – auch wenn es bei mir ein dunkler Schatten war, mit dem die Trauer meine Welt verfinstert hatte und in den ersten Wochen nicht von mir weichen wollte. So habe ich zwei Monate nach Muckis Tod folgendes in mein Trauertagebuch geschrieben: 

„Lieber Mucki, der Frühling erwacht, doch du schläfst für immer. Draußen scheint die Sonne, doch ich bin von Dunkelheit umgeben.“ 

Trauer ist eine ständige Begleiterin nachdem unser geliebtes Haustier gestorben ist. Gerade zu Beginn wirft sie unaufhörlich große, dunkle Schatten auf unser Leben. Im Laufe unserer Trauerreise gibt es aber immer mehr Momente, in denen sie uns etwas mehr Raum und Licht lässt. Dann folgt sie uns unaufdringlich und wir merken sie kaum. Doch schon einen Augenblick später kann sich die Welt wieder verfinstern. 

 

Wie der Schatten eines Baumes, der sich im Laufe eines Tages verändert, so verändert sich auch die Intensität der Trauer immer wieder.

 

In jenen Momenten, wenn wir in die schönen, unbeschwerten und lustigen Zeiten eintauchen, die wir mit unserem Seelentier verbracht haben, macht sich dieser Schatten kaum bemerkbar. Doch an anderen Tagen, wenn das Vermissen die Oberhand gewinnt, die Leere zu Hause erdrückend ist oder wir unter Einsamkeit leiden, fühlt sich der Schatten schwer und dunkel an.

Das ist anstrengend, macht müde, laugt aus und lässt einen an manchen Tagen die Hoffnung verlieren.

 

Lernen, mit dem Schatten der Trauer zu leben

Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Trauer uns eines Tages einfach so verlässt. Wie sollte sie auch? Die Pfoten unseres Lieblings haben für immer diese Erde verlassen. Mit seinem Tod ist stattdessen die Trauer in unser Leben gezogen. Doch wir können ganz viel dafür tun, um mit ihr in Frieden zu leben und ihr eine neue Rolle zu geben. Es ist entscheidend, dass wir lernen, die Trauer nicht als Feind, sondern als Teil eines natürlichen Prozesses, ja unseres Lebens, zu betrachten. Ihr Schatten kann uns lehren, geduldiger mit uns selbst zu sein und zu erkennen, dass Heilung Zeit braucht. 

Indem wir uns erlauben, sowohl die dunklen als auch die hellen Tage mit all den damit verbundenen Gefühlen zu erleben, entwickeln wir eine neue Beziehung zu unseren Gefühlen und zu dem Verlust, den wir erlitten haben. 

 

Mit der Zeit wird, wenn wir unserer Trauer bewusst Aufmerksamkeit schenken, ihr Schatten kürzer und heller. Das bedeutet nicht, dass wir unser geliebtes Tier vergessen, sondern dass wir lernen, mit dem Verlust zu leben und wieder Freude zu empfinden, ohne Schuldgefühle zu haben.

 

Es ist notwendig zu erkennen, dass der Schatten zwar Teil unseres Lebens ist, aber nicht unser ganzes Sein bestimmt. So wie wir an einem sonnigen Tag die Wahl haben, unseren Blick in die Sonne oder in den Schatten zu richten, können wir uns auch in der Trauer immer wieder bewusst entscheiden, worauf wir blicken und dementsprechend handeln.

Ein Beispiel: diese Woche hat mich mit unterschiedlichen Dingen ziemlich gefordert – emotional, beruflich und gesundheitlich. Obwohl Mucki nun schon mehr als ein Jahr nicht mehr lebt, merke ich, dass diese Dinge mich schwächen, die Trauer wieder aufflammen lassen und die Welt ein bisschen dunkler machen. Nun habe ich zum Glück schon mit meiner Trauer leben gelernt, weiß was ich braucht und bin mir meiner Entscheidungsfreiheit, ja Entscheidungsmacht bewusst.

Anstatt mich also von dieser aufkommenden Dunkelheit gefangen nehmen zu lassen, habe ich mich dafür entschieden, etwas zu tun, das mich besonders lebendig fühlen lässt: ich bin kurzerhand mit zwei Freundinnen an den wunderschönen Fuschlsee gefahren und wir haben – trotz Regenwetter und bei 14 Grad Wassertemperatur – die Badesaison eröffnet. Und weißt du was: obwohl die Welt im Außen trüb und grau war, schien in meinem Herzen wieder sie Sonne. Es hat mir so unglaublich gut getan und ich weiß: Mucki hätte es gefallen.

Du denkst dir jetzt vielleicht: WAAAAAAAS? Und das ist auch völlig okay, denn das was dir hilft, kann etwas ganz anderes sein.

 

🚨Wichtig: das bedeutet nicht, dass wir emotional IMMER in der Lage sind, diese bewusste Entscheidung zu treffen. Es bringt nichts, sich im tiefsten Schmerz zu zwingen, das Schöne zu sehen – vielmehr schadet dir das und behindert dich auf deiner Trauerreise. Alle Gefühle haben ihre Berechtigung und „toxische Positivität“, ein „Schönreden“ hat in der Trauer nichts verloren.

 

Doch oft haben wir die Wahl, wohin wir blicken. Daher ist es sehr hilfreich, wenn wir uns diese Wahlmöglichkeiten vor Augen halten, lernen sie zu sehen.  

 

„Jeder Schatten ist auch immer ein Wegweiser zum Licht.“

Ernst Ferstl

 

Eine einfache und dabei so wirkungsvolle Möglichkeit, diesen Umgang mit den eigenen Trauerschatten zu üben, ist das Schreiben, Es hilft uns, unsere Gedanken und Gefühle zu ordnen, auszudrücken und unsere Augen sowie unser Herz für neue Wege zu öffnen.

 

Schreibimpuls: Licht und Schatten

🛋️ Such dir einen ruhigen Ort und schau, dass du die nächsten 15 Minuten ungestört bist.

📝 Nimm Stift und Papier zur Hand und beantworte – ohne lange nachzudenken – folgende Fragen: 

🕳️ Schatten: Was kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an deine Trauer denkst? Erkunde diese Gedanken der Trauer. Worauf fällt ihr Schatten? Was hüllt er in Dunkelheit? Wie fühlt sich das körperlich an? 

💡 Licht: Was ist eine besonders schöne Erinnerung an deinen Liebling? Was habt ihr in dem Moment  zusammen gemacht? Welche Gefühle rufen diese Erinnerungen in dir hervor? Wie fühlt sich das in deinem Körper an?

🌓Licht & Schatten: Wie wechseln sich Licht und Schatten in deiner Trauer ab? Gibt es Muster, die du erkennen kannst, Auslöser Umstände, die die Schatten größer und kleiner werden lassen? 

Lies dir das Geschrieben nun nochmal durch. Was gibt es – auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist – das du heute noch tun kannst, um mehr Licht in dein Leben zu bringen oder den Blick vom Schatten zu lösen. 

 

Diese Übung hilft, die zyklische Natur deiner Trauer zu erkennen und zu verstehen, dass Licht und Schatten zusammengehören – beide sind notwendig, um deine Trauer zu verarbeiten. Sie zeigt dir aber auch Muster auf und bringt dich auf Ideen, wie du diese Muster für dich und dein seelisches Wohlbefinden nutzen oder verändern kannst.

 

Leben im Wechsel zwischen Licht und Schatten 

Auf deiner Trauerreise hilft es zudem, dir bewusst Zeiten und Orte zu schaffen, an denen du sowohl Licht als auch Schatten in dein Leben einlädst. Dafür eigenen sich Rituale sehr gut, bei denen du dich  an die schönen Zeiten erinnerst, oder durch Momente der Stille, in denen du deinem Schmerz Raum gibst und ihm Aufmerksamkeit schenkst. Einige Ideen für Rituale findest du im Blogbeitrag „Die heilsame Kraft der Natur“oder „Den Schmerz sehen und heilen“. Jedes dieser beiden Elemente – der Schatten wie das Licht – spielt eine wichtige Rolle bei der Heilung deines Herzens. 

 

Der Schatten der Trauer wird uns immer begleiten, aber er muss nicht immer im Vordergrund stehen. Indem wir lernen, mit dem Schatten der Trauer zu leben, erkennen wir, dass unser Leben nicht nur aus Dunkelheit besteht, sondern auch aus dem Licht der Liebe, der Erinnerung und der Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit.

 

Deine Trauer zu verstehen und zu akzeptieren ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurück in ein glückliches Leben. Die Trauer um ein geliebtes Tier ist ein Zeichen tiefer Liebe und Verbundenheit. Diese Liebe ist es, die uns die Kraft gibt, sowohl die Dunkelheit als auch das Licht zu umarmen.

In meiner geschlossenen Facebook Gruppe Pfotentrauer🐾 findest du den Halt einer mitfühlenden Gruppe und meine perönliche Unterstützung.

Als ausgebildeter „Deep Journaling Instructor“ beschäftige ich mich seit Jahren mit der heilsamen Kraft des Schreibens. Wenn ich in einer schwierigen Lage bin, greife ich zu Stift und Papier und bin immer wieder begeistert, was sich durch Schreiben alles lösen lässt. Im Jänner 2023 musst ich nach über 16 Jahren meinen Seelenkater Mucki gehen lassen. Da habe ich beschlossen, aus meiner persönlichen Erfahrung des Trauerns und der heilsamen Kraft des Schreibens ein Programm zu entwickeln. Damit möchte ich Menschen in dieser Ausnahmesituation helfen, ihre Trauerreise so einzigartig und persönlich zu gestalten, wie das Leben mit ihrem Seelentier war.

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