Am 12. Oktober waren es zwei Jahre, seit Mucki operiert wurde. Einige von euch wissen vielleicht, dass er ein Plattenepithelkarzinom – also einen Tumor – auf der Nase hatte. Wir hatten zuvor alles versucht, doch nichts half, und so musste ihm schließlich am 12. Oktober 2022 seine Nase amputiert werden. Zu diesem Zeitpunkt war Mucki bereits über 16 Jahre alt, und eine solche Operation war ein großes Risiko. Vor allem, weil er auch noch an einer chronischen Niereninsuffizienz und einer nicht mehr optimal arbeitenden Lunge litt. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, wie groß die Angst war, die diese Tage prägte. Sie erfasste nicht nur mein Herz und meine Seele, sondern meinen gesamten Körper. Es fühlte sich an, als würde ein Elefant auf meiner Brust sitzen. Die Luft blieb mir weg, meine Kehle schnürte sich zu, und mein Oberkörper war von Verspannungen und Krämpfen geplagt – bis hinauf zum Kiefer, der sich anfühlte, als wäre er aus Beton.
Am 11. Oktober 2022 schrieb ich in mein Tagebuch: „Eine furchtbare Nacht mit einem Asthmaanfall liegt hinter mir. Auch Mucki hat kaum Luft bekommen und so viel Blut gespuckt. Heute war also der letzte Tag vor der OP. Ich hoffe, Mucki hat ihn genossen. Ich bin unruhig, traurig, panisch und resigniert. Zwei Stunden bin ich mit ihm auf der Terrasse gesessen, habe gelesen und ihn gestreichelt. Das war ein kurzer Moment, in dem ich auch mal ruhig war. Ich liebe ihn so sehr.“
Mucki hat damals diese schwere Operation erstaunlich gut weggesteckt. Er war währenddessen stabil und auch die Aufwachphase verlief problemlos. Seine Nieren-, Leber- und Zuckerwerte waren danach etwas erhöht, aber alles kein Grund für große Besorgnis. Dass ihn diese Operation nicht gerettet hat, steht auf einem anderen Blatt, doch ich bin froh, es gewagt zu haben – auch wenn die nächsten Monate vom Hoffen, Bangen und Verzweifeln geprägt waren.
Der gleiche Tag im Jahr 2023 und 2024
Am 11. Oktober 2023, schrieb ich in mein Tagebuch: „Was für ein fordernder Tag. Morgen ist der Jahrestag der Operation, und ich merke, wie es mich belastet. Die Erinnerungen an die Zeit seines Sterbens sind allgegenwärtig. Der Schmerz ist mit voller Wucht da – sowohl in meinem Herzen als auch körperlich. Es ist unglaublich, dass mich die gleichen körperlichen Symptome quälen wie letztes Jahr.“
Wer hier schon länger mitliest, weiß, dass ich an die Einheit von Körper, Geist und Seele glaube. Das bedeutet, dass ich davon überzeugt bin, dass unser Körper schwere oder dramatische Erlebnisse speichert. Der Körper ist so gesehen auch ein Spiegel der Trauer um unser geliebtes Tier. Und so war es auch dieses Jahr wieder: Diese körperlichen Symptome kehrten zurück, doch mittlerweile weiß ich, wie ich mit ihnen umgehen kann. Und ich bin zuversichtlich, dass es mir nach und nach gelingt, sie zur Gänze aufzulösen.
Körper, Geist und Seele: Wie Emotionen unseren Körper beeinflussen
Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Belege dafür, dass unser emotionales Wohlbefinden direkten Einfluss auf unsere körperliche Gesundheit hat. Trauer, Stress und Angst setzen biochemische Prozesse in Gang, die sich auf den Körper auswirken. Diese Gefühle aktivieren das autonome Nervensystem, insbesondere den sympathischen Teil, der uns in den „Kampf-oder-Flucht“-Modus versetzt. In dieser Phase schüttet unser Körper Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol aus, die langfristig zu körperlichen Beschwerden wie Verspannungen, Schlaflosigkeit oder Verdauungsproblemen führen können.
Auch wenn Trauer zunächst als überwältigend empfunden wird, können wir lernen, mit ihr zu leben, indem wir uns mit ihr auseinandersetzen, statt sie zu verdrängen.
Trauer ist kein Feind, sondern ein Teil des Prozesses, der uns zeigt, wie tief unsere Liebe zu unserem verstorbenen Tier ist.
Der Schlüssel liegt darin, der Trauer Raum zu geben, anstatt gegen sie anzukämpfen. Das bedeutet, dass wir aktiv daran arbeiten können, unseren Körper zu beruhigen und den emotionalen Schmerz zu verarbeiten, sodass die Liebe immer mehr Raum einnehmen kann und den Schmerz kleiner werden lässt.
Weil „der Trauer Raum geben“ der Grundstein für die Heilung eines gebrochenen Herzens ist, widme ich mich ihm in meinem Buch „Weil jede Trauer Liebe ist. Dein Begleiter, wenn das geliebte Haustier stirbt“ aus den verschiedensten Blickwinkeln.
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Auf deinen Körper hören: Die Bedeutung körperlicher Symptome verstehen
An jenem 11. Oktober 2023 erkannte ich, dass meine körperlichen Symptome einem sogenannten „Freeze“-Zustand glichen – einem von drei typischen Reaktionsmustern des Gehirns in bedrohlichen oder überwältigenden Situationen. Während „Kampf“ und „Flucht“ gut bekannt sind, ist der „Freeze“-Modus oft eine weniger bewusste Reaktion auf extremen Stress. Dabei kennen die meisten von uns den Satz, sich wie „ein Kaninchen vor der Schlange“ zu verhalten, also in Schreckstarre zu verfallen.
In meinem Fall reagierte mein Körper auf die emotionale Belastung so, als befände er sich noch immer in jener schwierigen Situation – auch wenn die reale Bedrohung längst vorbei war.
Wenn wir uns in einem Freeze-Zustand befinden, schaltet das Gehirn auf Überlebensmodus und blockiert bestimmte Reaktionen, um uns vor weiteren Schmerzen zu schützen. Doch diese Reaktionen können auch langfristig bestehen bleiben, selbst wenn der auslösende Stress vorbei ist. Es ist darum sehr wichtig, auf die Signale unseres Körpers zu hören und ihm die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Atemübungen und sanfte Berührungen
Atemübungen und sanfte Berührungen sind einfache, aber wirkungsvolle Methoden, um den Körper aus dem Freeze-Zustand zu befreien. Sie unterstützen dabei, das Nervensystem zu beruhigen und das Gefühl von Sicherheit wiederherzustellen.
Eine effektive Atemübung ist die 4-7-8-Technik, bei der du vier Sekunden lang einatmest, den Atem sieben Sekunden hältst und anschließend acht Sekunden lang ausatmest. Diese Atemmethode entspannt den Körper und hilft, Stress abzubauen.
Ebenso können sanfte Berührungen, wie das Streicheln der Arme oder das Auflegen der Hände auf den Herzbereich, den parasympathischen Teil des Nervensystems aktivieren. Damit förderst du das Gefühl von Geborgenheit gefördert und hilft deinem Körper, sich aus der Erstarrung zu lösen.
Bewegung und Natur: Zurück ins Gleichgewicht finden
Wer mich kennt, der weiß, wie wichtig für mich Bewegung und Zeit in der Natur sind. Mir hilft das sehr, um den Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass körperliche Aktivität die Ausschüttung von Endorphinen fördert. Das hilft uns, Stress abzubauen und unser Nervensystem zu beruhigen. Gleichzeitig kann der Aufenthalt in der Natur, insbesondere in grünen Umgebungen, nachweislich das parasympathische Nervensystem aktivieren, das für Entspannung und Regeneration zuständig ist.
Wenn wir uns in der Natur bewegen, verbinden wir uns wieder mit unserem Körper.
Die frische Luft, die sanften Geräusche der Umgebung und das natürliche Licht wirken beruhigend auf das Gehirn und helfen, die stressbedingte Anspannung zu lösen. Ein Spaziergang im Wald, am Wasser oder selbst in einem Park sind dazu wunderbar geeignet. Was ich besonders spannend finde: Forscher haben auch herausgefunden, dass regelmäßige Bewegung das Gehirn neu „verdrahten“ kann. Das geschieht, indem Bewegung die Stressreaktion langfristig abmildert und den Umgang mit schwierigen Emotionen erleichtert.
Die Kombination von Bewegung und Natur hilft uns also sehr, um unser Nervensystem auch langfristig zu beruhigen.
Die heilsame Kraft des Schreibens
Du hast schon darauf gewartet, oder? Das Schreiben half mir ungemein in dieser Zeit und ich werde nicht müde, es dir immer wieder ans Herz zu legen.
„Schreiben hilft uns, unseren Gefühlen Ausdruck zu verleihen und unbewusste Emotionen zu verarbeiten.“
(Silke Heimes, Schreibtherapeutin)
Genau das habe ich also getan. In meinem Tagebuch führte ich – wie schon zu vielen anderen Anlässen – einen sogenannten „Körperdialog“. Ich befragte meinen Körper, was er mir mit seinem Verhalten und seinen Reaktionen sagen will. Während des Schreibens merkte ich, dass sich in mir noch viele alte Emotionen verborgen hatten, die darauf warteten, ans Licht zu kommen. Sie waren nicht nur mit der damaligen Situation um Mucki verbunden, sondern auch mit aktuellen Themen in meinem Leben, die mich belasteten – und doch gehörten sie irgendwie zusammen. Dieser Körperdialog half mir, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.
Schreibimpuls: Führe deinen eigenen Körperdialog
Möchtest du es selbst ausprobieren? Hier ist eine einfache Anleitung, wie du einen Körperdialog führen kannst:
🛋️ Setze dich an einen ruhigen Ort
📝 Nimm dir ein Blatt Papier oder dein Tagebuch zur Han
🧘♀️ Schließe die Augen und atme tief ein und aus
🕰️ Nimm dir ein paar Minuten Zeit, um in deinen Körper hineinzuhören. Gibt es irgendwo Verspannungen, Schmerzen oder ein diffuses „ungutes Gefühl“ ?
Stelle dir nun vor, dass dein Körperteil, der diese Empfindung auslöst, zu dir spricht. Was würde er dir sagen wollen? Schreibe alles auf, was dir in den Sinn kommt, ohne zu nachzudenken, was das bedeuten soll. Beende den Dialog, indem du deinem Körperteil für die Botschaft dankst.
✍️ Schreibe abschließend auf, was du aus diesem Dialog mitgenommen hast.
Dieser Prozess kann dir helfen, emotionale Blockaden zu erkennen und sie zu transformieren. Trauer ist ein langer Weg. Aber indem du neben deiner Seele auch auf deinen Körper hörst und ihm die Möglichkeit gibst, sich auszudrücken, wird es nach und nach leichter.
Teile gerne deine Erkenntnisse in der Pfotentrauer 🐾 Gruppe auf Facbook.
Alles Liebe 🫶
Claudia
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